Hochwürdige Mitbrüder, ehrwürdige Brüder und Schwestern im Ordensstand, liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!
Die Voraussetzung der Gnadenordnung, also der Übernatur, ist die Natur. „Gratia supponit naturam, gratia elevat naturam“, ein wichtiges Wort der scholastischen Theologie, das wirklich wesentlich ist für das christliche Leben. Die Gnade setzt also die Natur voraus und vervollkommnet sie. Die Gnadenordnung ist eine Veredelung des Natürlichen, ist dessen Erhebung in eine höhere Ordnung. Mit anderen Worten: auch in der Kirche Gottes dürfen die natürlichen Mittel, die zum Ziel führen, nicht ignoriert, müssen vielmehr sorgfältig angewandt werden. Andererseits müssen die Gnadenmittel der Kirche zu möglichster Würdigung kommen, soll die Kirche voll und ganz ihre Aufgabe erfüllen, ihre Glieder zu wahren Christen, zu immer vollkommeneren Menschen, zu Heiligen machen. Es gibt eine Reihe von Irrtümern unter manchen durchaus frommen Seelen, die von priesterlicher Seite angesprochen werden müssen, vor allem auch in der Seelenführung: Von Abgrenzung, Bitterkeit, Unfreundlichkeit, Schäbigkeit und Lieblosigkeit im äußeren Auftreten, aber auch im Herzen, bis hin zum Mangel am Einsatz für das Gemeinwohl, für die Werke der Barmherzigkeit sowie katholisch-kulturelles Desinteresse.
Wichtige Tugendlehren des hl. Franz von Sales
Für den hl. Kirchenlehrer Franz von Sales (1567-1622) nehmen die sogenannten kleinen Tugenden einen zentralen Platz im christlichen Leben ein, die Geduld mit sich selbst und den anderen, die Demut, die Sanftmut, die Milde, der Gleichmut, die Herzlichkeit, die Höflichkeit, die Bescheidenheit, die Wahrhaftigkeit. Das beständige Ringen um diese Tugenden ist die Basis, um in den größeren Kämpfen um das Gute und Schöne wirklich siegreich und fruchtbar zu sein. Franz von Sales sagte einmal: „Mehr als alles andere aber empfehle ich Ihnen, immer die heilige Sanftmut und Liebenswürdigkeit bei allen Anlässen zu üben, die dieses Leben Ihnen zweifellos oft bietet.“
Der am Gründonnerstag vom Bischof geweihte heilige Chrisam, dessen man sich nach apostolischer Überlieferung in der Kirche Gottes für die Firmung und die Weihen bedient, ist zusammengesetzt aus Olivenöl und Balsam; sie versinnbildlichen zwei kostbare, überaus begehrenswerte Tugenden, die an der Person des göttlichen Heilands erstrahlen. Er hat sie uns so eindringlich empfohlen, als würde durch diese beiden Tugenden unser Herz in besonderer Weise Seinem Dienst geweiht und für Seine Nachfolge bestimmt. „Lernt von mir,” sagte er, „denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen” (Mt 1,29). Die Demut macht uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber. Es sinkt der Balsam in allen Flüssigkeiten zu Boden; damit ist er ein Sinnbild der Demut. Das Olivenöl schwimmt obenauf; dadurch versinnbildlicht es die Sanftmut und Güte, die über allem steht und alle Tugenden überragt. Sie ist ja die Blüte der Liebe, die nach dem hl. Bernhard ihre Vollkommenheit erreicht, wenn sie nicht nur geduldig, sondern auch sanftmütig und gütig ist.
Defizite in der Erziehung und schlechte Vorbilder
Leider haben wir uns in den vergangenen Jahren immer mehr an Defizite in der Erziehung gewöhnt, selbst Erwachsene und schon ältere Menschen nehmen schlechte Gewohnheiten an. So fällt es etwa auf, dass manche Mitmenschen das anständige Grüßen in der richtigen Ordnung verlernt haben. Manche legen eine Ausstrahlung wie ein Gefrierschrank an den Tag, zudem noch ohne jeden hinreichenden Grund. Und selbst wenn es berechtigte Gründe gibt, so scheinen diese Menschen noch nie etwas gehört zu haben von innerer und äußerer Abtötung, Selbstbeherrschung etc. Sie legen ihre schlechte Laune an den Tag, manche sogar mit Absicht und übersehen, dass sie sich versündigen gegen die Nächstenliebe, aber oft auch gegen die geschuldete Ehrfurcht etwa den Eltern oder dem Priester gegenüber. Schlechte Körperpflege und unsittliche, ungepflegte oder hässliche Kleidung sind auch Verstöße gegen die Nächstenliebe und gegen viele andere Tugenden dazu. Leider präsentieren sich auch manche Besucher der Hl. Messe ehrfurchtslos vor dem Allerheiligsten, wie eine seltsame Mischung von Bewohnern eines alternativen linken Großstadtviertels, kombiniert mit katholischen Requisiten aus dem 18. Jahrhundert, jedoch aus Plastik. Dass das viele normale Menschen abschreckt, ist nicht zu verwundern. Und nicht nur manche Zeitgenossinnen sind schlecht gekleidet, sondern auch ein großer Teil der Männer kommt unrasiert, schäbig und kulturlos in die Kirche. Der alte Spruch der katholischen Katecheten: „Wie es in Deinem Kleiderschrank aussieht, so auch in Deiner Seele“, möge hier kurz ergänzt sein. Viele andere Beispiele könnten hier angefügt werden, genannt sei vor allem noch der lieblose, respektlose Umgang mit den alten Mitmenschen in der Öffentlichkeit und die Ehrfurchtslosigkeit vor dem katholischen Priestertum.
Katholische Kultur im zwischenmenschlichen Umgang
Der hl. Apostel Paulus schreibt im Philipperbrief: „de cetero fratres quaecumque sunt vera quaecumque pudica quaecumque iusta quaecumque sancta quaecumque amabilia quaecumque bonae famae si qua virtus si qua laus haec cogitate. – Endlich, Brüder, seid auf das bedacht, was wahr, was hehr, was recht, was lauter, was wohlgefällig, was anziehend, was tugendhaft und was lobwürdig ist.“ (Phil 4,8). Der schöne, lateinische Vulgatatext des Paulusbriefes bringt hier sehr viel Tiefes zum Ausdruck für unser Leben. Wahr, ehrbar (schamhaft/keusch), gerecht, heilig, liebenswürdig, unbescholten (guter Ruf), tugendhaft, lobwürdig: so sollen wir sein, danach gilt es zu streben. Es geht um echte Herzensbildung. Gut geformte Persönlichkeiten werden eine gute Ausstrahlung besitzen. Liebenswürdigkeit und ein fröhliches Herz zieht die Menschen an, ist ein großes Mittel für das Apostolat. Jeder sollte sich täglich fragen: Bin ich froh? Und wenn man hier nicht Ja sagen kann, so gibt es da vielleicht etwas, das man bald in einer guten Beichte vorzubringen hat. Das Kreuz im Leben, wenn man es gut und Gott wohlgefällig trägt, nimmt niemals die Freude, sondern ist die Quelle der Freude. Es ist eine tiefe geistliche Freude, so besonders mit dem Heiland vereint zu sein. Der opferbereite und abgetötete Christ ist immer auch froh, sonst stimmt in seiner Askese, in seiner Spiritualität etwas Grundlegendes nicht. Ein verbittertes, unfreundliches Wesen ist ein Widerspruch zum Katholischsein, hier muss man beginnen, sich wirklich zu ändern. Die tiefste Freude im Leben ist untrennbar mit dem Kreuz verbunden. Die Freude, nicht die Angst, macht uns treu. Die Freude, die schamhaft, beinahe eifersüchtig aufbewahrt werden muss, wie Jesus den Jüngern sagt, sie gerade ist es, die uns selbstlos macht und darum elastisch, biegsam, zäh. Nur diese geduldige, keusche, schweigsame Freude hat die Kraft, das Kreuz zu tragen, das nach jedem Tabor unvermeidlich kommt. Diese Freude ist keine Süßigkeit zum Einschlafen, sie ist herb, wie der Trank für Kämpfer, hart wie ein Diamant, der Kopf und Herz durchschneiden muss, um den Kern des Daseins zu erreichen. Sie ist Gabe und Aufgabe, das Mark aller Tugenden. Wir verschaffen sie uns nicht durch Ablenkung von der heiklen, tristen Wirklichkeit, sondern gerade durch Annahme derselben. Diese Freude wird immer reiner und reifer und fester gerade durch Versuchung, durch Demütigung und Schmerz. Denn diese lassen das stolze Ich allmählich aussterben und werfen seine Leiche in den Schoß des Erbarmens Gottes, in das Geheimnis seiner verhüllten, aber unfehlbar siegreichen Herrlichkeit.
Tugendstreben und Gebet
Nur die Naiven oder die Irrenden bilden sich ein, Tugend, Güte und sogar Heiligkeit aus eigener Kraft zu erringen, dies funktioniert aber nicht. Die Heiligen haben es irgendeinmal im vollen Sinne verstanden. Nur diejenigen, die Gott kennen und lieben, nur diese verstehen und bejahen die eigene Ohnmacht und nehmen die einzige Aufgabe an, die Wege Gottes vorzubereiten und auf Seine Ankunft demütig und still zu warten. Sie begreifen, dass man gerade im Tugendstreben, in den geistlichen Kämpfen unseres Lebens beten muss.
Tugendstreben und die Gottesmutter
Die sündenlose, allzeit reine Jungfrau und Gottesmutter konnte den Gesetzen der natürlichen Verwesung des Leibes nach dem Tod nicht unterworfen sein. Sie durfte als einzige Kreatur das Ende ihres irdischen Lebens als nahtlosen Übergang vom zeitlichen in das ewige Leben erleben ohne Zerrissenheit und Qual, sodass sie als einziges Geschöpf mit Leib und Seele in die Herrlichkeit Gottes eingetreten ist und dort für immer lebendig als Königin des Himmels und der Erde ihr menschliches Herz schlagen lässt. Nicht nur im Geist ist sie bei Gott, sondern auch mit einem Herzen aus Fleisch und Blut, welches an unseren irdischen Freuden und Sorgen, Ängsten und Leiden direkt mütterlich teilnehmen kann, und so ist Maria, wie sie Liturgie und Volksfrömmigkeit immer wieder sehen, spes nostra, die Hoffnung aller Menschen. Denn wir sind auch nicht reine Geister, sondern aus Fleisch, welches auch nach unverrückbarer Rettung und Verklärung verlangt. Ihre Aufnahme in den Himmel gibt uns Gewissheit darüber, dass wir auch eines Tages nach dem Trauma des Todes auferstehen werden, und so werden wir im Himmel mit unseren Augen Gott sehen und mit Leib und Seele die endgültige Glückseligkeit erhalten und an der Herrlichkeit unseres Gottes selbst für immer teilhaben. Hier auf Erden gilt es aber, ein gutes christliches Leben zu führen, gerade auch, um die kleinen und großen Tugenden zu ringen. Maria ist uns hier das beste und schönste Vorbild. Die anfangs genannten Laster wie Abgrenzung, Bitterkeit, Unfreundlichkeit, Schäbigkeit und Lieblosigkeit sind im Hause der Heiligen Familie undenkbar. Lassen wir uns vor Maria hier wirklich helfen!
Mit meinem priesterlichen Segen!
Jaidhof, am 1. August 2024
Hochwürdige Mitbrüder, ehrwürdige Brüder und Schwestern im Ordensstand, liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!
Die Voraussetzung der Gnadenordnung, also der Übernatur, ist die Natur. „Gratia supponit naturam, gratia elevat naturam“, ein wichtiges Wort der scholastischen Theologie, das wirklich wesentlich ist für das christliche Leben. Die Gnade setzt also die Natur voraus und vervollkommnet sie. Die Gnadenordnung ist eine Veredelung des Natürlichen, ist dessen Erhebung in eine höhere Ordnung. Mit anderen Worten: auch in der Kirche Gottes dürfen die natürlichen Mittel, die zum Ziel führen, nicht ignoriert, müssen vielmehr sorgfältig angewandt werden. Andererseits müssen die Gnadenmittel der Kirche zu möglichster Würdigung kommen, soll die Kirche voll und ganz ihre Aufgabe erfüllen, ihre Glieder zu wahren Christen, zu immer vollkommeneren Menschen, zu Heiligen machen. Es gibt eine Reihe von Irrtümern unter manchen durchaus frommen Seelen, die von priesterlicher Seite angesprochen werden müssen, vor allem auch in der Seelenführung: Von Abgrenzung, Bitterkeit, Unfreundlichkeit, Schäbigkeit und Lieblosigkeit im äußeren Auftreten, aber auch im Herzen, bis hin zum Mangel am Einsatz für das Gemeinwohl, für die Werke der Barmherzigkeit sowie katholisch-kulturelles Desinteresse.
Wichtige Tugendlehren des hl. Franz von Sales
Für den hl. Kirchenlehrer Franz von Sales (1567-1622) nehmen die sogenannten kleinen Tugenden einen zentralen Platz im christlichen Leben ein, die Geduld mit sich selbst und den anderen, die Demut, die Sanftmut, die Milde, der Gleichmut, die Herzlichkeit, die Höflichkeit, die Bescheidenheit, die Wahrhaftigkeit. Das beständige Ringen um diese Tugenden ist die Basis, um in den größeren Kämpfen um das Gute und Schöne wirklich siegreich und fruchtbar zu sein. Franz von Sales sagte einmal: „Mehr als alles andere aber empfehle ich Ihnen, immer die heilige Sanftmut und Liebenswürdigkeit bei allen Anlässen zu üben, die dieses Leben Ihnen zweifellos oft bietet.“
Der am Gründonnerstag vom Bischof geweihte heilige Chrisam, dessen man sich nach apostolischer Überlieferung in der Kirche Gottes für die Firmung und die Weihen bedient, ist zusammengesetzt aus Olivenöl und Balsam; sie versinnbildlichen zwei kostbare, überaus begehrenswerte Tugenden, die an der Person des göttlichen Heilands erstrahlen. Er hat sie uns so eindringlich empfohlen, als würde durch diese beiden Tugenden unser Herz in besonderer Weise Seinem Dienst geweiht und für Seine Nachfolge bestimmt. „Lernt von mir,” sagte er, „denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen” (Mt 1,29). Die Demut macht uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber. Es sinkt der Balsam in allen Flüssigkeiten zu Boden; damit ist er ein Sinnbild der Demut. Das Olivenöl schwimmt obenauf; dadurch versinnbildlicht es die Sanftmut und Güte, die über allem steht und alle Tugenden überragt. Sie ist ja die Blüte der Liebe, die nach dem hl. Bernhard ihre Vollkommenheit erreicht, wenn sie nicht nur geduldig, sondern auch sanftmütig und gütig ist.
Defizite in der Erziehung und schlechte Vorbilder
Leider haben wir uns in den vergangenen Jahren immer mehr an Defizite in der Erziehung gewöhnt, selbst Erwachsene und schon ältere Menschen nehmen schlechte Gewohnheiten an. So fällt es etwa auf, dass manche Mitmenschen das anständige Grüßen in der richtigen Ordnung verlernt haben. Manche legen eine Ausstrahlung wie ein Gefrierschrank an den Tag, zudem noch ohne jeden hinreichenden Grund. Und selbst wenn es berechtigte Gründe gibt, so scheinen diese Menschen noch nie etwas gehört zu haben von innerer und äußerer Abtötung, Selbstbeherrschung etc. Sie legen ihre schlechte Laune an den Tag, manche sogar mit Absicht und übersehen, dass sie sich versündigen gegen die Nächstenliebe, aber oft auch gegen die geschuldete Ehrfurcht etwa den Eltern oder dem Priester gegenüber. Schlechte Körperpflege und unsittliche, ungepflegte oder hässliche Kleidung sind auch Verstöße gegen die Nächstenliebe und gegen viele andere Tugenden dazu. Leider präsentieren sich auch manche Besucher der Hl. Messe ehrfurchtslos vor dem Allerheiligsten, wie eine seltsame Mischung von Bewohnern eines alternativen linken Großstadtviertels, kombiniert mit katholischen Requisiten aus dem 18. Jahrhundert, jedoch aus Plastik. Dass das viele normale Menschen abschreckt, ist nicht zu verwundern. Und nicht nur manche Zeitgenossinnen sind schlecht gekleidet, sondern auch ein großer Teil der Männer kommt unrasiert, schäbig und kulturlos in die Kirche. Der alte Spruch der katholischen Katecheten: „Wie es in Deinem Kleiderschrank aussieht, so auch in Deiner Seele“, möge hier kurz ergänzt sein. Viele andere Beispiele könnten hier angefügt werden, genannt sei vor allem noch der lieblose, respektlose Umgang mit den alten Mitmenschen in der Öffentlichkeit und die Ehrfurchtslosigkeit vor dem katholischen Priestertum.
Katholische Kultur im zwischenmenschlichen Umgang
Der hl. Apostel Paulus schreibt im Philipperbrief: „de cetero fratres quaecumque sunt vera quaecumque pudica quaecumque iusta quaecumque sancta quaecumque amabilia quaecumque bonae famae si qua virtus si qua laus haec cogitate. – Endlich, Brüder, seid auf das bedacht, was wahr, was hehr, was recht, was lauter, was wohlgefällig, was anziehend, was tugendhaft und was lobwürdig ist.“ (Phil 4,8). Der schöne, lateinische Vulgatatext des Paulusbriefes bringt hier sehr viel Tiefes zum Ausdruck für unser Leben. Wahr, ehrbar (schamhaft/keusch), gerecht, heilig, liebenswürdig, unbescholten (guter Ruf), tugendhaft, lobwürdig: so sollen wir sein, danach gilt es zu streben. Es geht um echte Herzensbildung. Gut geformte Persönlichkeiten werden eine gute Ausstrahlung besitzen. Liebenswürdigkeit und ein fröhliches Herz zieht die Menschen an, ist ein großes Mittel für das Apostolat. Jeder sollte sich täglich fragen: Bin ich froh? Und wenn man hier nicht Ja sagen kann, so gibt es da vielleicht etwas, das man bald in einer guten Beichte vorzubringen hat. Das Kreuz im Leben, wenn man es gut und Gott wohlgefällig trägt, nimmt niemals die Freude, sondern ist die Quelle der Freude. Es ist eine tiefe geistliche Freude, so besonders mit dem Heiland vereint zu sein. Der opferbereite und abgetötete Christ ist immer auch froh, sonst stimmt in seiner Askese, in seiner Spiritualität etwas Grundlegendes nicht. Ein verbittertes, unfreundliches Wesen ist ein Widerspruch zum Katholischsein, hier muss man beginnen, sich wirklich zu ändern. Die tiefste Freude im Leben ist untrennbar mit dem Kreuz verbunden. Die Freude, nicht die Angst, macht uns treu. Die Freude, die schamhaft, beinahe eifersüchtig aufbewahrt werden muss, wie Jesus den Jüngern sagt, sie gerade ist es, die uns selbstlos macht und darum elastisch, biegsam, zäh. Nur diese geduldige, keusche, schweigsame Freude hat die Kraft, das Kreuz zu tragen, das nach jedem Tabor unvermeidlich kommt. Diese Freude ist keine Süßigkeit zum Einschlafen, sie ist herb, wie der Trank für Kämpfer, hart wie ein Diamant, der Kopf und Herz durchschneiden muss, um den Kern des Daseins zu erreichen. Sie ist Gabe und Aufgabe, das Mark aller Tugenden. Wir verschaffen sie uns nicht durch Ablenkung von der heiklen, tristen Wirklichkeit, sondern gerade durch Annahme derselben. Diese Freude wird immer reiner und reifer und fester gerade durch Versuchung, durch Demütigung und Schmerz. Denn diese lassen das stolze Ich allmählich aussterben und werfen seine Leiche in den Schoß des Erbarmens Gottes, in das Geheimnis seiner verhüllten, aber unfehlbar siegreichen Herrlichkeit.
Tugendstreben und Gebet
Nur die Naiven oder die Irrenden bilden sich ein, Tugend, Güte und sogar Heiligkeit aus eigener Kraft zu erringen, dies funktioniert aber nicht. Die Heiligen haben es irgendeinmal im vollen Sinne verstanden. Nur diejenigen, die Gott kennen und lieben, nur diese verstehen und bejahen die eigene Ohnmacht und nehmen die einzige Aufgabe an, die Wege Gottes vorzubereiten und auf Seine Ankunft demütig und still zu warten. Sie begreifen, dass man gerade im Tugendstreben, in den geistlichen Kämpfen unseres Lebens beten muss.
Tugendstreben und die Gottesmutter
Die sündenlose, allzeit reine Jungfrau und Gottesmutter konnte den Gesetzen der natürlichen Verwesung des Leibes nach dem Tod nicht unterworfen sein. Sie durfte als einzige Kreatur das Ende ihres irdischen Lebens als nahtlosen Übergang vom zeitlichen in das ewige Leben erleben ohne Zerrissenheit und Qual, sodass sie als einziges Geschöpf mit Leib und Seele in die Herrlichkeit Gottes eingetreten ist und dort für immer lebendig als Königin des Himmels und der Erde ihr menschliches Herz schlagen lässt. Nicht nur im Geist ist sie bei Gott, sondern auch mit einem Herzen aus Fleisch und Blut, welches an unseren irdischen Freuden und Sorgen, Ängsten und Leiden direkt mütterlich teilnehmen kann, und so ist Maria, wie sie Liturgie und Volksfrömmigkeit immer wieder sehen, spes nostra, die Hoffnung aller Menschen. Denn wir sind auch nicht reine Geister, sondern aus Fleisch, welches auch nach unverrückbarer Rettung und Verklärung verlangt. Ihre Aufnahme in den Himmel gibt uns Gewissheit darüber, dass wir auch eines Tages nach dem Trauma des Todes auferstehen werden, und so werden wir im Himmel mit unseren Augen Gott sehen und mit Leib und Seele die endgültige Glückseligkeit erhalten und an der Herrlichkeit unseres Gottes selbst für immer teilhaben. Hier auf Erden gilt es aber, ein gutes christliches Leben zu führen, gerade auch, um die kleinen und großen Tugenden zu ringen. Maria ist uns hier das beste und schönste Vorbild. Die anfangs genannten Laster wie Abgrenzung, Bitterkeit, Unfreundlichkeit, Schäbigkeit und Lieblosigkeit sind im Hause der Heiligen Familie undenkbar. Lassen wir uns vor Maria hier wirklich helfen!
Mit meinem priesterlichen Segen!
Jaidhof, am 1. August 2024